endokrinologie.net/stellungnahmen_70703.php
Finasterid bei männlicher Glatzenbildung
Stellungnahme der Kommission Hormontoxikologie
Verfasst von Prof. Dr. med. Hans Wolff
Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie der Ludwig-Maximilians-Universität
Finasterid 1 mg (Propecia®) zur Therapie der androgenetischen Alopezie des Mannes
Jeder zweite Mann entwickelt im Lauf seines Lebens androgenetischen Haarausfall. Trotz zahlreicher Angebote in Drogerien und Apotheken, stehen diesen Männern lediglich zwei Therapeutika zur Verfügung, die Ihre Wirksamkeit in doppelblinden, plazebokontrollierten Studien bewiesen haben: Minoxidilhaltiges Haarwasser (Regaine Männer®) und Finasterid-1-mg-Tabletten (Propecia®) [20, 23]. Im Folgenden sollen die Eigenschaften von Finasterid als Medikation gegen die androgenetische Alopezie des Mannes erörtert werden.
Pathogenese der androgenetischen Alopezie
Der amerikanische Anatom Hamilton definierte in seiner klassischen Arbeit aus dem Jahr 1942 die entscheidenden Faktoren für die Ausbildung einer androgenetischen Alopezie: Genetik, Androgene und Lebensalter [6]. Neben dem Lebensalter, in dem sich die Glatze manifestiert, sind auch Schnelligkeit und Umfang der Glatzenbildung genetisch festgelegt. Wahrscheinlich sind es mehrere Gene, die man jedoch im einzelnen noch nicht kennt [7, 10]. Die genetische Komponente kann man sich als Sanduhr vorstellen [21]: Jeder einzelne Haarfollikel am behaarten Kopf hat eine genetisch festgelegte Lebensspanne. Solange diese Lebenszeit-Sanduhr läuft, ist der Haarfollikel gegen den negativen Einfluß der Androgene geschützt. Bei manchen Männern sind die Sanduhren der frontalen Haarfollikel bereits mit 20 Lebensjahren abgelaufen, während die Haarfollikel am Haarwirbel (Vertex) erst mit 30 oder 40 Jahren abgelaufen sind. Am Hinterkopf ist die Lebenszeit-Sanduhr blockiert - hier fallen die Haare nie aus.
Wenn die Lebenszeit-Sanduhr abgelaufen ist, wird der Haarfollikel empfindlich gegenüber Androgenen. Am behaarten Kopf bedeutet dies, dass er in den folgenden Jahren schrumpft, begleitet von einer immer schnelleren Abfolge immer kürzerer Wachstumszyklen und der Ausbildung immer dünnerer Haare [17, 21]. Die Folge dieses Vorgangs ist, dass sich kräftige Terminalhaare in kurze, dünne Vellushaare umwandeln. Da die Vellushaare die Kopfhaut nicht mehr bedecken können, entsteht eine Glatze. Die Rolle der Androgene wird durch die von Aristoteles gemachte Beobachtung unterstrichen, dass Eunuchen, also kastrierte Männer, nie eine Glatze entwickeln [6]. Das für die Ausbildung der Alopezie entscheidende männliche Sexualhormon ist Dihydrotestosteron (DHT). Es wird mittels des Enzyms 5?-Reduktase aus Testosteron metabolisiert [12].
Dass DHT für die androgenetische Alopezie des Mannes wichtiger ist als Testosteron, zeigt eine Gruppe dominikanischer Männer, die 1974 von Imperato-McGinley et al. [8] beschrieben wurde. Wie man heute weiß, haben diese Männer einen autosomal rezessiven 5?-Reduktase Typ II Mangel, der bei ihnen zu stark erniedrigten Serum-DHT-Spiegeln führt. Bemerkenswert ist, dass diese Männer normale Testosteronspiegel haben und trotzdem nie Akne, androgenetische Alopezie oder Prostatahyperplasie entwickeln. Der primäre Realisationsfaktor der androgenetischen Alopezie ist also nicht Testosteron, sondern DHT. Auch haben Männer mit androgenetischem Haarausfall in der betroffenen frontalen Kopfhaut signifikant höhere DHT-Spiegel als Männer ohne androgenetische Alopezie [1, 2]. Daher ist die Senkung des DHT-Spiegels durch Hemmung der 5?-Reduktase ein konzeptionell vielversprechender Therapieansatz der androgenetischen Alopezie.
Wirkprinzip von Finasterid und klinische Studiendaten
Dihydrotestosteron (DHT) entsteht in der Zielzelle aus seinem Vorläufer Testosteron mit Hilfe der 5?-Reduktase. Das Enzym kommt beim Menschen in zwei verschiedenen Isoformen vor, dem Typ I und dem Typ II [12]. Beide Isoformen haben unterschiedliche pH-Optima und Gewebeverteilungen [16]. Besonders der amerikanische Pharmakonzern Merck forschte in den 70er Jahren intensiv nach Substanzen, die die 5?-Reduktasen hemmen können. Klinischer Hintergrund war zunächst die benigne Prostatavergrößerung, da der Testosteronmetabolit DHT auch dort eine wichtige Rolle spielt. Als Substanz mit dem besten Wirkungs- und Nebenwirkungsprofil wurde für die dann folgenden klinischen Studien Finasterid ausgewählt. Der Wirkmechanismus besteht darin, dass Finasterid aufgrund seiner Ähnlichkeit zum Testosteron irreversibel an die 5?-Reduktase Typ-II bindet [3, 12] und das Enzym somit inaktiviert. Dies führt zur etwa 70%igen Absenkung systemischer DHT-Spiegel [3]. Das Typ-I Isoenzym der 5?-Reduktase wird durch Finasterid nur minimal gehemmt [12]. Finasterid hat eine Halbwertszeit von 5-7 Stunden. Es passiert die Blut-Hirn-Schranke. Bei täglicher Gabe kommt es zu Kumaltionseffekten; der Steady-State wird erst nach über 2 Wochen erreicht. Verstoffwechselt wird Finasterid in der Leber. Die enzymatisch inaktiven Abbauprodukte werden hauptsächlich über die Gallensäuren und den Stuhl, zum kleineren Teil auch über den Harn ausgeschieden.
Unter dem Handelsnamen Proscar® ist Finasterid 5 mg seit 1993 weltweit zur Behandlung der benignen Prostatahyperplasie zugelassen [4]. Finasterid wurde seither von Millionen älterer Männer mit sehr gutem Sicherheits- und Nebenwirkungsprofil eingenommen [16]. Zur möglichen Wirksamkeit von Finasterid bei der androgenetischen Alopezie des Mannes wurden zunächst Dosisfindungsstudien durchgeführt. Sie ergaben, dass eine 1-mg-Dosis Finasterid fast genauso wirksam war wie die 5-mg-Dosis [21]. Anschliessend wurde die Wirksamkeit von Finasterid 1 mg bei der androgenetischen Alopezie des Mannes in einer zunächst 2-jährigen Phase-III-Multicenter-Studie an 1553 Männern zwischen 18 und 41 Jahren mit aktiver androgenetischer Alopezie belegt [9]. Die Studie wurde mit einer kleineren Anzahl an Probanden fortgeführt und nach 5 Jahren schliesslich beendet [5]. Im ersten Jahr der Studie erhielt die Hälfte der Probanden 1 mg Finasterid pro Tag, die andere Hälfte eine Plazebotablette. Im zweiten Studienjahr erhielten die meisten Teilnehmer Finasterid und nur noch ein kleiner Teil der Männer Plazebo. Die beiden wichtigsten Zielparameter der Studie waren die Veränderung der Haarzahl in einem Vertex-Kreisareal und das Erscheinungsbild auf Übersichtsfotografien.
Zur Haarzählung wurden die Haare in dem 5,1 cm2 grossen Kreisareal am vorderen Rand der Vertexlichtung auf 1 Millimeter gekürzt und mit einer speziellen Makrokamera photographiert. Die exakte Wiederfindung des Kreisareals auch noch nach 5 Jahren wurde durch eine Tätowierung gewährleistet. Die Zählung der Haare erfolgte ohne Kenntnis der jeweiligen Medikation mit Hilfe computerisierter Bildverarbeitung. Vergleicht man die Mittelwerte der Haardichten im münzgrossen Testareal zwischen den Behandlungsgruppen, die über 5 Jahre hinweg entweder eine Finasterid-Tablette oder eine Plazebotablette erhalten haben, ergibt sich ein immer grösser werdender Unterschied: Nach 1 Jahr hatten die mit Finasterid behandelten Männer 126 Haare mehr im Testareal als die mit Plazebo behandelten Männer. In den folgenden Jahren nahm der Unterschied immer mehr zu, und nach 5 Jahren betrug er sogar 278 Haare im Testareal. Der immer grösser werdende Unterschied ist im ersten Jahr auf die Zunahme der Haardichte bei den Finasterid-Probanden zurückzuführen, danach auf die kontinuierliche Abnahme der Haardichte bei den Plazebo-Probanden [9]. Wichtiger als die Haarzahl ist für die Probanden jedoch das Erscheinungsbild. Bei den meisten Plazebo-Probanden kam es innerhalb der 5 Studienjahre zum erwarteten Fortschreiten der Haarlichtung, bei manchen weniger, bei anderen stärker. Bei den meisten Finasterid-Probanden verbesserte sich dagegen die Haardichte sichtbar bereits nach etwa 6–12 Monaten. Nach 2 Jahren hatten 66% der mit Finasterid 1 mg behandelten Männer wieder dichteres Haar bekommen, in der Plazebogruppe nur 7%. Dieses Verhältnis blieb in den folgenden Jahren gleich [5]. Eine weitere Studie belegte, dass Finasterid 1 mg nicht nur im Vertex, sondern auch frontal die Haardichte positiv beeinflussen kann [11]. Schliesslich wurde kürzlich gezeigt, dass auch ältere Männer zwischen 40 und 60 Jahren noch von der Finatserid 1 mg Anwendung profitieren können [19].
Nebenwirkungen der Finasterid-1 mg-Tablette
Einfluss auf Leber- und Nierenwerte, Blutbild und Lipidprofile
Laborchemisch gab es in der grossen Phase-III-Studie keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich Blutbild, Serumelektrolyten, Leber- und Nierenwerten [9].
Wechselwirkungen mit anderen Sexualhormonen
Erwartungsgemäß kam es in der Finasteridgruppe zum Absinken des Serum-DHT-Spiegels um etwa 70 %. Durch die gehemmte 5?-Reduktase-Aktivität stieg der Serum-Testosteronspiegel in der Finasteridgruppe um 9 % an, von 510 auf 559 ng/dl (Median). Er blieb dabei jedoch immer innerhalb des Referenzbereichs (350-1030 ng/dl). Die hypophysären Hormone FSH und LH blieben unverändert [9, 13].
Libido und Potenz
Die Häufigkeiten der subjektiv empfundenen andrologischen Nebenwirkungen in der Phase-III-Studie verteilten sich in den ersten 12 Monaten auf die Finasteridgruppe (n=779) und die Plazebogruppe (n=774) wie folgt:
[b]- Verminderte Libido: 15 versus 10 Probanden (1,9 vs 1,3%)
- Erektile Dysfunktion: 11 versus 7 Probanden (1,4 vs 0,9%)[/b]
Trotz der hohen Probandenzahlen erreichte keiner der Unterschiede Signifikanzniveau. Die subjektiv wahrgenommenen Nebenwirkungen traten in beiden Gruppen meist im ersten Behandlungsmonat auf und besserten sich dann oft von selbst, obwohl die Medikation weiter fortgeführt wurde [5, 9]. Unter Verwendung eines speziellen Fragebogens, des International Index of Erectile Function, IIEF konnten Tosti et al. bei italienischen Finasterid-Anwendern keine Abschwächung der Potenz feststellen [18].
Einfluss auf den PSA-Spiegel
Die Serum-PSA-Spiegel sanken in der Finasteridgruppe im Durchschnitt von 0,78 auf 0,52 ng/ml (normal < 4,0 ng/ml). Es wird empfohlen, bei Männern unter Finasterid-1-mg-Therapie die gemessenen PSA-Werte zu verdoppeln und dann entsprechend zu interpretieren [9].
Ejakulatvolumen und Samenqualität
Durch die Hemmung der Prostatafunktion sinkt das Ejakulatvolumen um ungefähr 20% [15]. Die Samenqualität wird durch ein leicht erniedrigtes Ejakulatvolumen nicht gemindert. Vielmehr definiert sie sich hauptsächlich aus den Parametern Spermatozoendichte und Spermatozoenmotilität. In Phase-II-Studien wurden diese Aspekte untersucht. Dabei konnten keine Unterschiede hinsichtlich Zahl und Beweglichkeit von Spermatozoen bei Finasterid-Anwendern festgestellt werden [15].
Gefahr für die Partnerin durch Finasterid im Sperma?
Durch die Absenkung des DHT-Spiegels bei schwangeren Frauen kann es zur Störung der männlichen Genitalentwicklung kommen, unter anderem zu falsch angelegten Urethralöffnungen (Epi- und Hypospadien). Besteht daher bei Männern, die Propecia® einnehmen eine Kondompflicht, da Finasterid aus dem Sperma dieser Männer den Fötus bei schwangeren Frauen schädigen kann? Mittlerweile weiß man, wieviel Finasterid bei oraler Einnahme von 1 mg Finasterid maximal in den menschlichen Samen übertreten kann. Die Berechnungen ergaben, dass selbst bei Annahme ungünstigster Extremwerte eine Frau mit mehr als drei Litern Sperma pro Tag in Kontakt kommen müßte, damit überhaupt meßbare Veränderungen ihrer DHT-Bluthormonwerte eintreten können. Daher haben die Experten der europäischen Gesundheitsbehörden weder für die Fachinformation, noch den Beipackzettel von Propecia eine Kondompflicht jedweder Art vorgeschrieben [22].
Gynäkomastie:
Die Inzidenz einer Gynäkomastie bei Finasterid-1-mg-Anwendern liegt weit unter 1% [9]. Eigene Beobachtungen an einem jungen Mann zeigten eine einseitige Gynäkomastie, die sich 6-8 Wochen nach Absetzen von Finasterid 1 mg wieder zurückbildete. Erklärt werden kann die Gynäkomastie unter anderem durch die um etwa 10% steigenden Testosteronspiegel. Testosteron kann dann durch die Aromatase in Östrogen umgewandelt werden, welches bei Männern mit besonders empfindlichem Brustgewebe ein Wachstum stimulieren kann. Dies ist allerdings ein extrem seltenes Ereignis; meiner Einschätzung nach tritt eine Finasterid-induzierte, reversible Gynäkomastie bei etwa einem pro 1000 behandelter Patienten auf.
Knochendichte
Studien zur Knochendichte ergaben keinen Hinweis auf die Entstehung einer Osteoporose durch Finasterid-Anwendung [14]. Langzeitbeobachtungen über mehrere Jahre gibt es allerdings nicht.
Fazit:
Mit der Finasterid-1-mg-Tablette (PropeciaR) steht ein nach heutigen Erkenntnissen wirksames und sicheres Arzneimittel zur Behandlung der androgenetischen Alopezie des Mannes zur Verfügung.
Professor Dr. med. Hans Wolff I didnt know before he is a M…k!!!
prohaar.msd.de/haarausfall-info/irrtuemer/irrt_1410.html
ALL Germans can THANK this man! for his lies!!!
kassenarzt.dgmedien-ar.de/ar.print/w3.php?pVId=520018968&nodeId=17070
Prof. Dr. med. Hans Wolff
Klinik und Poliklinik für Dermatologie
und Allergologie, Ludwig-
Maximilians-Universität München,
Frauenlobstraße 9 –11,
80337 München
Spezialgebiete: Immunologisch bedingte Hauterkrankungen, Andrologie und Haarerkrankungen
…